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    Goldene Tage mit Jetlag

    PROZ, Dezember 2023, S. 14

    Chrigel Fisch

    Der Basler/New Yorker Musiker Sam Himself kehrt auf der Pop-Überholspur für ein Heimspiel ins Parterre zurück.

    Angefangen hat alles mit dem Autoradio. Okay, nicht alles. Aber das mit den musikalischen Einflüssen. «Meine Mutter hat im (VW) Passat oft Billy Idol gehört», erinnert sich Sam Koechlin aka Sam Himself, «ich bin mit seiner Musik aufgewachsen.» Mit dem britischen Ex-Punkrocker Billy Idol verbindet ihn eine optische Ähnlichkeit, gut zu sehen im Musikvideo «Mr Rocknroll», wo seine blondierte Stachelfrisur an Idol erinnert. Der nahm in London Ende der 70er zwei Platten auf und verschwand dann nach Los Angeles, um eine Solokarriere aufzubauen, die sehr erfolgreich wurde. 

    Auch der junge Sam spielte in Basel in einer Band und entschwand vor etwa zwölf Jahren: New York, wurde seine neue Heimat, die Musik sein Stern. In Brooklyn lernte er einen bekannten Produzenten kennen, mit dem er bis heute zusammenarbeitet. Die ersten zwei EPs erschienen. Doch als Sam im März 2020 für Konzerte zurück nach Basel flog, brach die Coronakrise aus. Die USA machten dicht. Sam, der Rastlose, sass fest. 

    Und schrieb Songs, als eine Art Notvorrat. Ende 2021 erschienen sie auf seinem Debütalbum. Plötzlich war er auf dem Radar der Schweizer Musik- und Medienszene – Swiss Music Awards, «Schweizer Illustrierte», «Glanz & Gloria», SRF3, alle klopften an. Zu Recht: So einer wie Sam hatte, nicht nur in Basel, schon lange gefehlt. Einer, der ohne Netz in New York sein Glück sucht und ein ziemlich begnadeter Entertainer ist. Einer, der Euphorie und Nostalgie mixt zu Popmusik im amerikanischen Technicolor-Format. Einer, der agiert, als wäre das Leben eine Leinwand und Jetlag seine Geliebte. Und der von der Aura eines Geheimnisses umgeben scheint, unscharf, leicht neben der Spur – das ist Sam Himself. Immer sich selbst, nie zu Hause. 

    Songtexte wie Short Stories

    Er ist auch einer, der Songtexte wie Short Stories schreibt, wie man auf dem Anfang Jahr erschienenen Album «Never Let Me Go» hören kann: Etwa in «Golden Days», wo das Leben «mehr Rauch als Flamme» ist, wo die Entfernung «zu den goldenen Tagen», denen «die Liebe ausgegangen ist», immer grösser wird. Oder in «My Great Escape», wo es «no happy ending» gibt, sondern «zerrissene Papierflieger und bittere Kugeln». 

    Natürlich kann Sam auch Elvis, oder Züri West: «Fingt ds Glück eim» hat er fürs welsche Radio Couleur 3 gesungen. Und «Eisbär» – diesen Schweizer Überhit – für den Mann, der dem Song einst die Stimme gab: Stephan Eicher. «Er ist nicht aus dem Raum rausgegangen, als ich ‹Eisbär› gesungen habe – für mich der Ritterschlag schlechthin», sagt Sam, immer noch staunend.

    Zurück zum Autoradio. Im Bezahl-TV läuft aktuell «And Just Like That …» als Fortsetzung der Kultserie «Sex and the City». Es gibt in der zweiten Staffel eine Szene, in der sich zwei aus der Millennium-Zeit wiedersehen. Der Mann sitzt im Auto am Steuer, die Frau steigt ein, und als im Gespräch eine längere Pause entsteht, schiebt sich ein Song aus dem Autoradio dazwischen, «La Paz» heisst er.

    Geschrieben hat «La Paz» Sam Himself. Nun kehrt der Grossstadt-Cowboy live ins heimische Parterre zurück. Danach, ab Frühling 2024, wird wieder eine Menge passieren. «Verraten darf ich noch nichts», sagt Sam. Ausser, dass er in Upstate New York neue Songs aufgenommen hat und dass Konzerte in Europa in Diskussion sind. An neuem Jetlag wird es ihm nicht fehlen. An neuen Fans auch nicht.

    Sam Himself live: Fr 15.12., 20.30, Parterre One, Basel, www.parterre.net
    Sam Himself, Album «Never Let Me Go», 2023

     

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