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    «Wir treten als starker, gleichberechtigter Partner auf»

    PROZ, Mai 2024, S. 18/19

    Christian Fluri

    Das Sinfonieorchester Basel geht eine strate­gische Partnerschaft mit der Konzertgesellschaft ein, welche die Allgemeine Musikgesellschaft vertritt.

    Es war eine Mitteilung wie ein Paukenschlag: Ende März gaben das Sinfonieorchester Basel und die Basler Konzertgesellschaft bekannt, in der kommenden Saison eine strategische Partnerschaft einzugehen. Dazu muss man wissen: Die Konzertgesellschaft ist die Veranstalterin, die in Basel neben den Konzertgesellschafts- (früher Coop-) und Volkssinfoniekonzerten auch die Konzerte der Allgemeinen Musikgesellschaft Basel durchführt.

    Pikant daran: Früher war das Sinfonieorchester selbst Teil der Allgemeinen Musikgesellschaft. Seine Konzerte wurden somit von der Konzertgesellschaft veranstaltet. Erst 2012 setzten der damalige Chefdirigent Dennis Russell Davies, Barbara Schneider, welche die Stiftung Basler Orchester präsidierte, und Philippe Bischof, damals Leiter der Abteilung Kultur Basel-Stadt, die Eigenständigkeit des Sinfonieorchesters gegen den Willen der Allgemeinen Musikgesellschaft Basel durch. Diese behielt lediglich ihren Einsitz in der Trägerschaft, also der Stiftung. 

    Das Sinfonierorchester erhielt durch die Loslösung aus dem Status eines reinen Veranstalter-Orchesters einen künstlerischen Schub: Es konnte seine Qualitäten stetig verbessern und hatte mit seinen Programmen, die zeitgenössische Werke einbezogen, beim Publikum Erfolg. Davies’ Nachfolger seit 2016 und noch bis 2025 ist Ivor Bolton, ein bedeutender Vertreter der historisch informierten Aufführungspraxis: Er arbeitete weiter akribisch an der Verbesserung des Orchesterklangs und nahm sich vermehrt dem Repertoire der Romantik, Spätromantik und der Moderne an. 

     

    Kräfte bündeln

    Durch die strategische Partnerschaft wollen Sinfonierorchester und Konzertgesellschaft nun ihre Kräfte bündeln und so eine programmatische Überschneidung vermeiden. Franziskus Theurillat, Direktor des Sinfonieorchesters, erklärt: «In den Volkssinfoniekonzerten und den Sinfoniekonzerten der Konzertgesellschaft waren wir hin und wieder bereits vertreten. Nun wirken wir zusätzlich in den Matineen der Allgemeinen Musikgesellschaft mit.» Dies sei sinnvoller, als ein eigenes Matinee-Format zu kreieren, denn das Einzugsgebiet sei begrenzt. Mit der Matinee wolle das Sinfonieorchester genau das Publikumssegment bedienen, auf das die Konzertgesellschaft ihre eher konservativen Programme ausrichte. Thomas Jung von der Konzertgesellschaft ergänzt: «Da wir heute in ruhigen, friedlichen Gewässern segeln, können wir so ein politisches Zeichen setzen: Die beiden grössten Klassik-Player, die sich Seite an Seite im Markt bewegen, werden punktuell zusammen etwas machen.»

    Doch was heisst das konkret? «Das muss die Praxis zeigen. Sicher kein erneutes Zusammengehen mit der Allgemeinen Musikgesellschaft, wie das früher der Fall war», betont Theurillat: «Wir haben in den zwölf Jahren unserer Selbstständigkeit ein eigenes Profil entwickelt, werden international wahrgenommen und haben als Leitinstitution einen klaren Leistungsauftrag. Mit unseren rund 1800 Abonnenten, der hervorragenden Auslastung unserer Konzerte treten wir in der neuen Partnerschaft als starker, gleichberechtigter Partner auf.» Ähnlich tönt es auch bei Jung: «Wir bleiben voneinander unabhängig und eigenständig. Dort, wo wir im Konzertbereich gemeinsame Anknüpfungspunkte haben, wollen wir gerne zusammenarbeiten.»

    In der kommenden Saison wird das Sinfonieorchester Basel nun in drei doppelt geführten Konzerten der Konzertgesellschafts- und Volkssinfoniekonzerte auftreten, die unter anderem von Ivor Bolton oder Andrea Marcon, Chefdirigent des La Cetra Barockorchesters Basel, geleitet werden. Zudem wird das Sinfonieorchester Basel bei einer Sonntagsmatinee der Allgemeinen Musikgesellschaft zu hören sein. 

    Und noch einen Grund für die strategische Partnerschaft gibt es laut Theurillat: Diese sei auch im Hinblick auf das Jubiläumsjahr 2026 eingeleitet worden. Dann besteht der Musiksaal im Stadtcasino 150 Jahre, und auf diese Zeit gehe die Professionalisierung des damaligen Orchesters, des heutigen Sinfonieorchesters Basel, zurück.

     

    Kein Zusammenhang mit Rücktritt

    Dass die Meldung so kurz nach der Veröffentlichung des Rücktritts des künstlerischen Direktors erfolgte, sei dagegen bloss Zufall, merkt Theurillat an. Hans-Georg Hofmanns Abgang «auf seinen eigenen Wunsch» habe nichts mit der strategischen Partnerschaft zu tun. Hofmann hatte eine Woche zuvor bekannt gegeben, seine Tätigkeit beim Sinfonieorchester auf Ende März zu beenden. 

    Als Gesamtverantwortlicher übernimmt Theurillat in Zusammenarbeit mit seinem Team interimistisch Hofmanns Aufgaben. Der Stiftungsrat werde die Situation nun dazu nutzen, die strategische Ausrichtung des Orchesters zu beleuchten. «Das wird möglicherweise nicht ohne Auswirkungen auf die Organisationsstruktur bleiben», so Theurillat.

     

    www.sinfonieorchesterbasel.ch
    www.konzertgesellschaft.ch

     

     

     

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